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Marktzugang und Verwendung von Bauprodukten, Anwendung von Bauarten

Marktzugang für harmonisierte Bauprodukte nach der Bauproduktenverordnung

Die Bauproduktenverordnung (Verordnung (EU) Nr. 305/2011) regelt die Bedingungen für das Inverkehrbringen bzw. die Bereitstellung von Bauprodukten auf dem europäischen Binnenmarkt. Bauprodukte, die von einer harmonisierten Norm nach der Bauproduktenverordnung erfasst sind, müssen eine Leistungserklärung und entsprechende CE-Kennzeichnung aufweisen, wenn sie in Verkehr gebracht werden. Die Pflicht zur CE‑Kennzeichnung und Erstellung einer Leistungserklärung erstreckt sich zudem auf Bauprodukte, für die der Hersteller auf freiwilliger Basis eine Europäische Technische Bewertung beantragt und erhalten hat.

Rund um die CE-Kennzeichnung

Welche Pflichten gelten für Sie als Hersteller, Händler oder Importeur im Zusammenhang mit der CE-Kennzeichnung und Leistungserklärung?

Harmonisierte Normen für Bauprodukte

Harmonisierte Normen (hEN) werden auf Basis von Normungsaufträgen erstellt, die die Europäische Kommission an die europäische Normungsorganisation CEN erteilt. Ziel ist es, mithilfe einer gemeinsamen Fachsprache, die in den harmonisierten Normen definiert wird, den Handel mit Bauprodukten auf dem Binnenmarkt der EU zu fördern und zu stärken.

Für harmonisierte Normen nach der Bauproduktenverordnung gilt eine Besonderheit: Ist ein Bauprodukt von einer nach den Verfahren der Bauproduktenverordnung erstellten harmonisierten Norm erfasst, so ist deren Anwendung durch den Hersteller verpflichtend.

Erst mit Bekanntmachung der Normfundstelle im Amtsblatt der EU ist der Hersteller allerdings verpflichtet (und umgekehrt auch erst berechtigt), für dieses Produkt eine Leistungserklärung zu erstellen und es mit der CE-Kennzeichnung zu versehen, sobald er es in Verkehr bringt.

In der Regel werden von der Kommission Übergangsfristen, sog. Koexistenzperioden, für eine harmonisierte Norm bekannt gemacht. Diese erlauben es dem Hersteller, bis zum Ablauf der festgelegten Frist übergangsweise noch die bisherige Norm anzuwenden.

Europäische Bewertungsdokumente (EAD) und Europäische Technische Bewertungen (ETA)

Europäische Bewertungsdokumente (kurz EAD für European Assessment Document) sind harmonisierte technische Spezifikationen, auf deren Grundlage eine Europäische Technische Bewertung (ETA, European Technical Assessment) ausgestellt werden kann. Dieser Weg zur CE-Kennzeichnung steht für Bauprodukte offen, die nicht oder nicht vollständig von einer harmonisierten Norm erfasst sind und deren Leistung in Bezug auf ihre Wesentlichen Merkmale nicht vollständig anhand einer bestehenden harmonisierten Norm bewertet werden kann. Die Anwendung des EADs ist freiwillig, d.h. eine ETA wird nur auf Wunsch und Antrag des Herstellers ausgestellt.

Eine ETA erhalten Sie von einer Technischen Bewertungsstelle (kurz TAB für Technical Assessment Body) Ihrer Wahl. TABs gibt es in fast allen Mitgliedstaaten der EU und einigen Partnerstaaten. Bei den TABs, z.B. dem DIBt in Deutschland, erhalten Sie umfassende Beratung zu diesem Thema.

Notifizierte Stellen

Im Rahmen der CE-Kennzeichnung von Bauprodukten nach der Bauproduktenverordnung wirken unabhängige Prüflabore und Zertifizierungsstellen, sogenannte notifizierte Stellen, an der Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit von Bauprodukten (kurz AVCP für Assessment and Verification of Constancy of Performance) mit.

Eine Übersicht über die notifizierten Stellen, die Sie bei der vorgeschriebenen kontinuierlichen Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit Ihres Produkts unterstützen können, finden Sie auf der Informationsseite der Europäischen Kommission NANDO. Notifizierende Behörde für in Deutschland ansässige Prüflabore und Zertifizierungsstellen ist das DIBt.

Bauprodukte ohne CE-Kennzeichnung nach der Bauproduktenverordnung

Für Bauprodukte, die nicht von einer nach Bauproduktenverordnung harmonisierten Norm erfasst sind oder für die der Hersteller keine ETA beantragt und erhalten hat, gelten die nationalen Regelungen für die Verwendung von Bauprodukten, einschließlich Verwendbarkeitsnachweisen und Übereinstimmungsverfahren. Die einschlägigen technischen Regelungen, insbesondere die Technischen Baubestimmungen (s. unten) zu einem Bauprodukt, sind zu beachten. Für Bauprodukte, die wesentlich von den Technischen Baubestimmungen abweichen oder für die es weder Technische Baubestimmungen noch allgemein anerkannte Regeln der Technik gibt, ist ein bauaufsichtlicher Verwendbarkeitsnachweis (z.B. eine Zulassung) erforderlich.

Mehr Informationen zur allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung

Produkte, soweit sie nicht von Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union erfasst sind, unterliegen dem freien Warenverkehr gemäß Artikel 34 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und damit dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung. Hierzu zählen auch nicht von der Verordnung (EU) Nr. 305/2011 (Bauproduktenverordnung) erfasste Bauprodukte.

Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung findet Anwendung auf ein Bauprodukt, wenn

  • es nicht Gegenstand der unionsweiten Harmonisierung ist (also keine CE-Kennzeichnung trägt)
    und
  • in einem anderen Mitgliedstaat der EU, des EWR, in der Türkei oder in der Schweiz
  • nach deren nationalen technischen Vorschriften rechtmäßig in Verkehr gebracht worden ist.

Ein solches Bauprodukt entspricht den in und aufgrund der Landesbauordnungen gestellten Anforderungen und darf verwendet werden, wenn

  • die nach den anderen nationalen technischen Vorschriften gestellten und erfüllten Anforderungen
  • den aufgrund der Landesbauordnungen gestellten Anforderungen für die vorgesehene Verwendung entsprechen, also gleichwertig sind.

In die Gleichwertigkeit eingeschlossen sind Anforderungen an das Verfahren und die Stellen der Konformitätsbewertung.

Planung, Bemessung und Ausführung von Bauwerken

Die Mitgliedstaaten regeln die Planung, Bemessung und Ausführung von Bauwerken, also das Zusammenfügen von Bauprodukten zu baulichen Anlagen (Bauarten).

Gemäß Bauproduktenverordnung dürfen Mitgliedstaaten die Bereitstellung auf dem Markt oder die Verwendung von Bauprodukten mit CE-Kennzeichnung weder untersagen noch behindern, sofern die erklärten Leistungen den Anforderungen für diese Verwendung in dem betreffenden Mitgliedstaat entsprechen.

Die Anforderungen für die sichere Verwendung von Bauprodukten in Bauwerken werden also von den Mitgliedstaaten festgelegt, denn bei ihnen liegt die Verantwortung für die Bauwerkssicherheit.

Wenn die Planung, Bemessung und Ausführung von Bauwerken nicht abschließend technisch geregelt ist, kann es nach Landesbauordnungen (s. unten) notwendig sein – zusätzlich zu den Produkteigenschaften – Aspekte des Zusammenfügens von Bauprodukten zu baulichen Anlagen (Bauart) zu regeln. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn sich wichtige Eigenschaften einer baulichen Anlage erst aus dem Zusammenwirken verschiedener Bauprodukte ergeben.

Mehr Informationen zur Bauartgenehmigung

Regelungen für den Verkehrswegebau

Für die Planung, Bemessung und Ausführung von Verkehrswegen, d.h. Straßen, Tunneln, Wasserwegen und Eisenbahninfrastruktur gelten jeweils spezifische Technische Baubestimmungen, Technische Lieferbedingungen sowie zusätzliche Vertragsbedingungen.

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) ist für den Verkehrswegebau zuständig.

Auskunft über diese Vorschriften erhalten Sie bei den zuständigen Bundesbehörden, insbesondere der Bundesanstalt für Straßenwesen und dem Eisenbahn-Bundesamt.

Landesbauordnungen und Technische Baubestimmungen

Für Bauprodukte und Bauarten für den Hochbau finden sich die gesetzlichen Regelungen in den Landesbauordnungen. Technisch konkretisiert werden diese durch die Landesverwaltungsvorschriften Technische Baubestimmungen. Für die Landesbauordnungen und die zugehörigen Verwaltungsvorschriften sind die 16 Bundesländer zuständig.

Die Landesbauordnungen und die Technischen Baubestimmungen orientieren sich an einem gemeinsamen Muster.

Welches Landesrecht findet Anwendung?

Für die Planung, Bemessung, und Ausführung gelten die Regeln des Landes, in dem das Bauvorhaben durchgeführt wird. Auch für Bauprodukte finden grundsätzlich die landesgesetzlichen Regelungen Anwendung, in dem diese verwendet, also eingebaut werden sollen. Das gilt auch für solche Regelungen, die sich auf den Herstellungsvorgang (z.B. § 25 MBO) oder auf den Hersteller (z.B. § 22 MBO) beziehen.